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Anika Geiger
06.05.2024 17:30

Gastfamilien für Nachwuchsspieler sind Mangelware

„Ich mache das aus reiner Nächstenliebe und unterstütze total gerne Kinder, die Bock auf Sport haben und weiterkommen wollen.“

Alle Profis fangen mal klein an. Doch eins haben alle gemeinsam: Sie erhalten Unterstützung durch Familie, Freunde oder andere Personen, die sie auf ihrem Weg begleiten und ihnen dabei helfen, ihre Leidenschaft zum Ausdruck zu bringen. Sandra Pietraszek ist eine dieser Personen und erzählt im Interview, wie wichtig Gastfamilien für Nachwuchsspieler sind, welche Voraussetzungen diese erfüllen müssen und wie sie selbst Teil einer großen Eishockey- bzw. Eiskunstlauffamilie geworden ist.

Du koordinierst die Gastfamilien bei den WILD WINGS Future. Erzähl doch mal, was dich dazu bewegt hat und wie lange du das schon machst…

Ich bin total verwurzelt im Eiskunstlauf und im Eishockey. Mein ganzer Freundeskreis hat sich daraus gebildet und ist weltweit verstreut, über die NHL, über Trainer, über Aktive, über Schiedsrichter. So bin ich immer in dieser Materie geblieben. Vor zwei Jahren kam das Thema dann zum ersten Mal auf, als ich angesprochen wurde, weil der Nachwuchs jemanden gesucht hat, der das Ganze mit den Gastfamilien so ein bisschen betreut, organisiert und die Übersicht hat. Das Gute ist halt, dass ich jeden kenne und jeder mich kennt. Ich weiß, wie die Strukturen hier aussehen, wie alles aufgebaut ist und wer für was zuständig ist. Daraufhin habe ich dann zugesagt. Damals hatten wir zwei Gastkinder. Aktuell hätten wir um die neun Plätze, die wir eigentlich für Gastfamilienkinder bräuchten. Du findest aber einfach niemanden mehr, der das macht.

Was ist mit dem Internat in Villingen, wäre das keine Option?

Naja, wir haben ja eben unser kleines Internat, wo es auch eine Mensa und alles gibt. Das Problem ist nur, dass du für unter Sechzehnjährige eine 24-Stunden-Betreuung benötigst und in das Internat somit nur über Sechzehnjährige rein dürfen. Und dann gibt es noch das Hoga-Internat in Villingen. Dieses ist allerdings zweckgebunden. Da sind wir im Moment aber dran und versuchen, ob wir nicht in irgendeiner Form die Zweckgebundenheit wegbekommen, denn sie haben dort 400 Betten und so viele lernen diesen Beruf ja gar nicht mehr. In die Hotelfachschule nach Villingen kommen Schüler*innen aus ganz Deutschland und haben dort ihren Blockunterricht. Sie haben auch Vierer-Zimmer dort. Es wäre ideal, wenn man als Verein zwei oder drei Vierer-Zimmer abnehmen könnte. Das Land kriegt ja dennoch das Geld. Sie haben halt diese 24-Stunden-Betreuung, sie haben eine Mensa, einen Fitnessraum und zudem die Anbindung ans Eisstadion mit dem Ringzug. Das wäre perfekt. Aber die Verantwortlichen zucken da halt gar nicht.

Welche Voraussetzungen muss eine Familie denn erfüllen, um Gastfamilie zu werden?

Bettina Schnee und ich schauen uns das gemeinsam an. Sie kam letztes Jahr noch mit dazu und hat ebenfalls einen sozialpädagogischen Hintergrund. Die Hauptvoraussetzung ist, dass die Kinder ein Zimmer inklusive Schreibtisch, Bett, etc. bekommen. Schön ist dann natürlich, wenn die Familie in Villingen oder Schwenningen wohnt, um eventuell auch mit dem Ringzug fahren zu können. Eine weitere Grundvoraussetzung dafür, dass du ein Gastkind bei dir aufnehmen darfst, besteht darin, dass du ein sauberes polizeiliches Führungszeugnis hast.

Wie lange ist man dann eine Gastfamilie? Ist das zeitlich befristet?

Im Prinzip geht das von Anfang August bis Ende Juli, also eigentlich ein volles Jahr. Generell kann man aber nicht wissen, wie lange die Kinder hier in Schwenningen bleiben. Der eine macht vielleicht einen Riesensprung und geht nach einem Jahr nach Mannheim. Ein anderer bleibt von der U15 bis zur U20 in Schwenningen. Grundsätzlich gilt der Vertrag aber für ein Jahr und danach sieht man weiter. Die Verträge werden mit den Gastfamilien und den eigenen Familien geschlossen. Hier wird auch festgelegt, wie viel die Gastfamilie bekommt. Die Kosten müssen selbstverständlich nicht selbst getragen werden, das heißt, die Gastfamilien haben durch das Kind keinen finanziellen Mehraufwand, sondern werden monetär vergütet. Für die kommende Saison haben wir zudem Dauerkarten für die Spiele der WILD WINGS, die wir an die Gastfamilien verteilen können.

Es gibt ja auch Kinder, die von hier kommen. Gibt es da die Möglichkeit, dass deren Familien dann noch Gastkinder aufnehmen?

Bis auf zwei Gastfamilien haben tatsächlich alle etwas mit dem Verein zu tun. Aber klar, du brauchst natürlich auch den Platz. Und angenommen dein Kind spielt in der U9 und du nimmst jemanden auf, der in der U17 spielt, dann haben die natürlich auch komplett andere Trainingszeiten. Du bist dann nur noch am Fahren und Tun für Eishockey.

Heißt, wenn eine Familie ein bisschen weiter weg wohnt als Villingen oder Schwenningen, dann kann man sich trotzdem bewerben, man muss nur in der Lage sein, das Kind zu fahren?

Genau.

Und du machst das alles ehrenamtlich?

Ja, ich mache das aus reiner Nächstenliebe. Ich habe kein Kind im Verein, ich habe einen Leistungssporttrainerschein für Eiskunstlauf und helfe da auch viel aus, wenn Not am Mann ist. Ich bin einfach in dem Verein groß geworden, mir macht das auch Spaß. Ich bin sowieso jedes Wochenende im Winter da, ob es jetzt wegen Eiskunstlauf oder Eishockey ist. Ich bin im Herbst jetzt eigentlich seit 39 Jahren auf der Eisbahn. Es ist schön zu sehen, wie man durch den Verein als Kind wächst und wie starke Freundschaften und Bindungen entstehen. Das hilft einem auch, im Leben Stärke zu finden. Ob du nachher Profi wirst oder nicht, das ist erstmal zweitrangig. Aber die Kinder haben Spaß daran, entwickeln sich gut und das zu unterstützen, wenn jemand wirklich Bock auf Sport hat, ehrgeizig ist und da weiterkommen will, ist einfach schön und ich mache das total gerne. Es ist etwas Sinnvolles, was dich dein Leben lang begleitet. Die Kinder nehmen ganz viel aus dieser Zeit mit, insbesondere in Sachen Disziplin, Selbstständigkeit und Struktur. Es ist eigentlich etwas ganz Tolles, weshalb es schade ist, dass es immer seltener wird und diese Werte in der Gesellschaft mit der Zeit auch immer weiter nachlassen.

Wie kann man sich denn als Gastfamilie bewerben? Wie läuft da der Vorgang so ab?

Im Prinzip per Mail oder WhatsApp. Ich fungiere generell als Ansprechpartnerin für die Kinder, auch wenn mal etwas sein sollte und sie zum Arzt müssen oder ähnliches. Bisher war zum Glück noch nie etwas, aber ich glaube, es ist für Eltern auch extrem wichtig, die Sicherheit zu haben und zu wissen, dass wenn etwas wäre, jemand vor Ort ist und sich kümmert.

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